Hohe Hürde zum Erfolg

Wenn ein Stadt- oder Gemeinderat ein Bürgerbegehren abgelehnt hat, kommt es zum Bürgerentscheid. Dieser wird üblicherweise wie eine Wahl durchgeführt.

An der Abstimmung können alle Stimmberechtigten einer Stadt oder Gemeinde teilnehmen. Bei der Abstimmung können Sie die Fragestellung des Bürgerbegehrens mit Ja oder Nein beantworten. Die Mehrheit entscheidet. Diese Mehrheit muss aber 25 Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen. In Hessen scheitert jedes fünfte zum Bürgerentscheid kommende Bürgerbegehren trotz Abstimmungsmehrheit an dieser hohen Hürde.

Niedrige Beteiligung liegt in der Natur der Sache

Dass die Beteiligung an Bürgerentscheiden meist niedriger ist als bei Wahlen, liegt in der Natur der Sache. Während es bei Wahlen immer um eine Entscheidung über die Richtung der Gesamtpolitik in den nächsten Jahren geht, geht es bei einem Bürgerentscheid immer nur um das "Ja" oder "Nein" zu einer einzigen Sachfrage. Zur Abstimmungsteilnahme ist deshalb meist nur ein Bruchteil der an einer Wahl Teilnehmenden motiviert. Dies verringert aber nicht die Legitimation des Abstimmungsergebnisses.

Auch bei Wahlen wird eine niedrige Beteiligung zwar bedauert, das Wahlergebnis schließlich aber nicht infrage gestellt. So erhielt die CDU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 26. März 2006 etwa die Stimmen von nur 16 Prozent aller Wahlberechtigten, trotzdem bezweifelte niemand das Recht der Partei, die Landesregierung zu stellen.

Verdrehte Demokratie

Das Zustimmungsquorum definiert demokratisch zustande gekommene Mehrheiten zu Minderheiten um. Untersuchungsergebnisse der Forschungsstelle für Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie an der Universität Marburg zeigen, dass dieses Quorum die Beteiligung bei Bürgerentscheiden im Vergleich mit Abstimmungen ohne Quorum senkt. Grund: Die Gegner eines Bürgerbegehrens setzen auf Strategien wie Ignorieren und Behinderung bei der Abstimmungsteilnahme und mobilisieren ihre Anhänger selbst nicht zur Stimmabgabe beim Bürgerentscheid.

Dies wiederum hat zur Folge, dass die Abstimmungsergebnisse im Vergleich zur Haltung der Gesamtbevölkerung zum Thema häufig zugunsten des Bürgerbegehrens verzerrt sind. Weil sich die Gegner eines Bürgerbegehrens oft berechtigte Hoffnungen machen können, dass das Bürgerbegehren das Zustimmungsquorum nicht erreicht, bleiben sie einfach Zuhause und sind deshalb im Abstimmungsergebnis unterrepräsentiert.

Mehr Demokratie fordert: Zustimmungsquorum abschaffen!

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Legitimation nicht im Zweifel

Christian Ude

"Wenn wir Kommunalpolitiker unsere Legitimation auch bei verheerend niedriger Wahlbeteiligung nicht in Zweifel ziehen, dürfen wir bei Einzelentscheidungen der Bürgerschaft keine höheren Prozentsätze verlangen, als sie uns selber als Legitimationsbasis zur Verfügung stehen"

 

Christian Ude (SPD), Oberbürgermeister von München, Präsident des Deutschen Städtetages