Transparenzranking 2021: Flickenteppich Deutschland
Der Zugang zu amtlichen Informationen ist ein seit jeher heiß diskutiertes Thema. Ob im Rahmen der Infektionsschutzverordnungen gegen Covid-19, Hochwasserkatastrophen, die Krisenstäbe erfordern, oder Maskenskandale als Beispiel der politischen Einflussnahme von Lobbyist:innen – immer geht es darum, öffentliche Entscheidungsprozesse und Abläufe, in die Behörden und Abgeordneten eingebunden sind, nachvollziehen zu können.
Auf Bundesebene gilt das Informationsfreiheitsgesetz (IFG-Bund). Dieses betrifft aber nur Bundesbehörden. In den Bundesländern unterliegt Informationsfreiheit und Transparenz sehr unterschiedlichen Regelungen. Während Bayern und Sachsen gar keine rechtlichen Regelungen haben, können sich Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen mit besseren Noten schmücken – dort müssen Landesbehörden und Kommunen viele Informationen von sich aus veröffentlichen. Seit der Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes 2018 müssen in Hessen Informationen auf formalen Antrag herausgegeben werden. Immerhin.
Hessen – bundesweit schlechtestes Informationsfreiheitsgesetz
Hessen hat das jüngste Informationsfreiheitsgesetz. Gleichzeitig ist es auch das schlechteste, wie Arne Semsrott von Open Knowledge Foundation e.V. betont. Das Gesetz beinhaltet nämlich viele Ausnahmen einzelner Behörden von der Informationspflicht. Das führt zur paradoxen Situation, dass hessische Bürger:innen zwar grundsätzlich ein Recht auf Informationsfreiheit haben, aber wenige Behörden diese Auskünfte erteilen müssen. Kommunen sind demgegenüber gänzlich von dem Gesetz ausgenommen, ebenso fällt die Polizei aus dem Anwendungsbereich heraus.
Noch schlechter schneiden nur diejenigen Bundesländer ab, die über gar keine Regelungen verfügen. Ein Blick ins Nachbarland Rheinland-Pfalz zeigt, dass es anders geht: Dort werden Informationen proaktiv online auf einer Transparenzplattform veröffentlicht. In Hessen hingegen besteht keine Frist für die formal beantragte Herausgabe von Informationen – allerdings können für den Antragstellenden Gebühren anfallen. Informationsfreiheit, die ihren Namen verdient, sieht anders aus.
Mehr Transparenz – ein Gewinn für die Demokratie!
Informationsfreiheit ist in vielen Bundesländern erst seit der Jahrtausendwende das Gebot der Stunde. Sie trägt zum in Art. 5 GG festgeschriebenen Recht bei, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert unterrichten“ zu können. Mit den ersten Informationsfreiheitsgesetzen, die teilweise wie in Hamburg zum Transparenzgesetz ausgeweitet wurden, bröckelte die Hoheit des Amtsgeheimnisses. Der Zugang zu öffentlichen Daten – Verträge, Parlamentsbeschlüsse sowie Gutachten etc. – erfolgt nun unabhängig davon, ob Bürger:innen von diesen Daten unmittelbar betroffen sind.
Gerade in Zeiten von Fake News, der Zunahme von Verschwörungserzählungen und schwindendem Vertrauen in staatliche Institutionen sowie Lobbyskandalen ist Transparenz unabdingbar. Wissen ist Macht – und dass diese Macht der Bürger:innen den Regierenden auf kommunaler, regionaler oder nationaler Ebene nicht immer zupass kommt, zeigen mannigfaltige Skandale, die Bürger:innen und Journalist:innen mithilfe von Auskunftsrechten in den letzten Jahren aufgedeckt haben.
Jetzt ist die Zeit gekommen, um die Demokratie zu stärken und Auskunftsrechte von Bürger:innen fest in der Gesellschaft zu verankern. Dazu müssen sich Bund und Länder zum einen darauf verständigen, dass Deutschland endlich der Tromsö-Konvention des Europarats beitritt. Die Konvention garantiert, dass bestehende Auskunftsrechte verfassungsrechtlich verankert werden.
Um gewisse Prozesse in Hessen anzustoßen, treten wir vom Landesverband gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Transparency International Deutschland, dem Bund der Steuerzahler oder der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union im Bündnis „Transparentes Hessen“ für eine Stärkung der Informationsfreiheit in Hessen ein. Es ist kein Zufall, dass das Hamburger Transparenzgesetz und auch Initiativen in Berlin auf Druck von Nichtregierungsorganisationen zurückgehen. Die Zivilgesellschaft muss sich dafür einsetzen, dass Versprechen der Politik für eine transparente Demokratie in Erfüllung gehen.